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KRAAZ VON ROHR Ingrid: Gute Laune kann man essen. Farbtherapie aus der vegetarischen Küche. Nymphenburger Verlag, München 2008

WEIGLEIN Markus.   

Ingrid Kraaz von Rohr ist eine Heilpraktikantin mit den Schwerpunkten Licht und Farbe sowie klassische Homöopathie.  Der Fokus ihrer zahlreichen Publikationen liegt primär auf alternativmedizinische Behandlungsmöglichkeiten, die in der Naturwissenschaft nicht ganz unumstritten sind.

Dies zu wissen ist eine Grundvoraussetzung, um das Buch entsprechend seiner Intention zu betrachten: Es handelt sich um kein Kochbuch. Es handelt sich ebenso wenig um den kritischen Versuch einer Integration medizinischer Erkenntnis in die Gastrosophie. Das Buch versteht sich vor allem als Lebensratgeber - und das nicht nur in puncto Ernährung, wie die Autorin schon im Vorwort unmissverständlich angibt: „Mit diesem Buch möchte ich Ihnen zeigen, wie Sie allein durch die Kräfte der Natur, durch die Licht- und Farbenkraft von pflanzlichen Nahrungsmitteln, Einfluss auf Ihre Stimmungen und Launen, Ihr seelisches wie körperliches Wohlbefinden nehmen können." (S.11)

Die zentrale These des Buches lautet daher: Farben haben heilende Kräfte. Seit wann diese Wirkung von Farben  wissenschaftliche Erkenntnis sei, wer die wissenschaftliche Wirkung nachwies, bzw. wie sie nachgewiesen wurde, wird nur sehr spärlich ausgeführt. Als Heilmittel spielten Farben aber wohl schon in den „(...) Traditionen früherer Generationen" (S. 8) eine Rolle, wie die Autorin vage formuliert.

Nach den Vorzügen der Farben zu Beginn des Buches kommt es zur  Beschreibung der Vorzüge vegetarischer Ernährung. Diese gleicht aber eher einem Anklageverfahren gegen den Fleischverzehr.  Die Vorfreude auf das nächste Wiener Schnitzel mag dem einen oder anderen bei Ausführungen wie der Folgenden etwas vergehen: „Sobald ein Tier getötet wurde, beginnt ein Stoffwechselabbau, der leichengiftähnliche Stoffe freisetzt." (S. 12). Fleisch  führe auch zur Schwächung des Organismus und chronischen Krankheiten. Diese Thesen versucht die Autorin durch den Bezug auf alternative Populär-Wissenschaften, wie etwa die Kirlian-Fotografie, zu untermauern (S. 12f.)

Danach schreibt Kraaz von Rohr, wie man sich richtig zu  ernähren hat. Hier findet man wirklich alles, außer - richtig - Fleisch.  Dass es eine ernährungsmedizinische Tatsache ist, dass Fleisch im Rahmen einer vielfältigen Ernährung zumindest ein- bis zwei Mal pro Woche konsumiert werden sollte, hat sich bis in ihre Praxis nach München wohl noch nicht durchgesprochen: „Auf Fleisch (...) sollte man verzichten" (S.16) Fleisch gehöre zur Gruppe der „abstumpfenden Nahrung", wie auch Alkohol und alt gewordene Speisen. (S. 17).

In der Folge aber folgt das - gerade in seiner Übersichtlichkeit -  zum großen Teil wirklich gelungene Herzstück des Buches. Denn in jedem folgenden Kapitel wird nun jeweils eine Farbe behandelt und deren mögliche Integration in die tägliche Mahlzeit. Zunächst wird bei jeder Farbe deren Funktion in der Farbtherapie behandelt. So wird die Farbe „Rot", das den Anfang macht, vor allem zur Lösung von chronischen Stauungen und zur Stoffwechselankurbelung eingesetzt (S.28).

In der Folge werden der jeweiligen Farbe entsprechend pflanzliche Lebensmittel angeführt, die angeblich heilende Wirkung haben. Bei der Farbe Rot sind dies Erdrauch, Hagebutte, Klatschmohn, Rosen und Rote Rüben. Hierbei gibt die Autorin die Inhaltsstoffe des pflanzlichen Stoffes an und es folgt auch bei jedem mindestens ein, zumeist relativ einfach gehaltenes, leicht zu kochendes Rezept (wobei die pflanzlichen Stoffe eher als Beilagen bei Gerichten zu verstehen sind, als selbständige Mahlzeiten). Zur Blutreinigung gebe man etwa einen Teelöffel Erdrauchblüten auf eine Tasse, lasse diese fünf Minuten ziehen und fertig ist ein Erdrauch-Tee. Ob der Gang zur Dialyse sich dadurch erübrigt, sei dahin gestellt.

Nach diesem Schema (Beschreibung/Wirkung der Farbe, pflanzliche Naturheilmittel in der entsprechenden Farbe, Rezepte) werden die Farben Orange, Gelb, Lemon, Grün, Rosa, Blau, Violett, Weiß und Braun auf sehr übersichtliche Weise abgearbeitet.

Im letzten Teil des Buches gibt uns die Autorin noch Ratschläge auf unserem Lebensweg mit, wie etwa: „ Jeder sollte sich einen Regelkatalog formulieren, nach dem er oder sie sein Leben führen möchte. Zu diesem Katalog gehören mindesten folgende Punkte: Auf die inneren Impulse und Bedürfnisse horchen, lieben, Meditation, sich viel freuen, zufrieden mit sich sein und sich selbst vertrauen. (...)" (S. 144).

Fazit: Die Stärken des Buches liegen vor allem in der Optik und dem Aufbau. Das Inhaltsverzeichnis ist übersichtlich gestaltet. Die Fotos und Farben sind gezielt eingesetzt und markieren klar die einzelnen Kapitel. Im Register werden die Heilmittel und die dazugehörigen Rezepte alphabetisch angeführt. Hier wird jedoch nicht mit Werbung gegeizt, Kontaktadressen für die nächsten Workshops und die bisher erschienenen Bücher der Autorin werden genau so groß in Farbe gesetzt wie die Rezepte.

Die Grenzen zwischen Esoterik und Naturwissenschaft verschwimmen und werden zumeist nicht deutlich gezogen. Das müssen sie aber auch nicht. Das Buch erhebt an keiner Stelle den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit bei der Ausführung der Farbtheorien. Nichtsdestotrotz lassen eher zweifelhafte Ausführungen, wie die absolute Kritik am Fleischgenuss, zumindest etwas an der Glaubwürdigkeit der Autorin zweifeln.

Jeder sollte am besten die Richtigkeit und den Nutzwert der Ausführungen Ingrid Kraaz von Rohrs empirisch für sich selbst herausfinden.

RezFarbtherapie (35k)

Link zum Verlag

KRAAZ VON ROHR Ingrid: Gute Laune kann man essen. Farbtherapie aus der vegetarischen Küche. Nymphenburger Verlag, München 2008