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FIGLMÜLLER Hans u. FIGLMÜLLER Thomas: Figlmüller – Wiener Küche. Kochen nach Bildern. Echomedia Buchverlag, Wien 2012

Franz LEITGEB.   

Figlmüller - dem Wien-Besucher wird der Name bekannt vorkommen: das wohl bekannteste Schnitzel von Wien, obwohl das „Figlmüller Schnitzel" mit dem klassischen Wiener Schnitzel nur die Panier gemeinsam hat. Ersteres stammt vom Schwein und wird in Pflanzenöl gebacken, letzteres kommt traditionell vom Kalb und taucht in der Pfanne in heißem Butterschmalz unter. Die Betreiber dieses Lokals haben nun ein Kochbuch mit Rezepten aus dem Figlmüller herausgegeben, die laut Vorwort seit vier Generationen in der Familie weitergegeben werden. Wiener Beisl-Küche im besten Sinn, deren Gerichte auch in die gesamtösterreichische „Hausmannskost" Eingang gefunden haben. Alt-Wiener Suppentopf, Griesnockerl-, Frittaten-, Rinds-, Erdäpfel- und Kürbiscremesuppe führen in den Wiener Suppenhimmel. Spinatknödel, Rindfleischsalat, Tafelspitzsulz und Tatar vom Rind werden im Inhaltsverzeichnis zwar unter Vorspeisen genannt sind aber eigentlich die Vormittagsjause des „Wiener Phäaken" (siehe Weinheber). Ja und bei den Hauptspeisen wird die „Wochentagsküche" der Kindheit lebendig: Eiernockerln, Schinkenfleckerln, Krautfleckerln, Faschierte Laibchen, Gefüllte Paprika, Grammelknödel, Zwiebelrostbraten, Tafelspitz, Rindsgulasch, Fiakergulasch, Schweinsbraten. Übrigens, ist Ihnen bei der Aufzählung bisher etwas aufgefallen? Nein, Sie haben nicht gemerkt, dass der Schweinsbraten kein Schweinebraten ist? Dabei ist dieses Kochbuch schon allein deswegen kaufenswert. Abgehoben von den Hauptspeisen sind die gebackenen Speisen. Das schon erwähnte Figlmüller Schnitzel, das Wiener Schnitzel, Backhendl (sic!), Cordon Bleu vom Huhn, Gebackener Emmentaler und Gebackene Champignons bilden diese Abteilung, die passend von den Salaten gefolgt wird: Keine Marinade ohne Zucker ist für den Salat der Wiener Küche typisch. Das gilt für den Erdäpfelsalat (sic!), den Krautsalat und den grünen Salat sowieso, nur der Gurken-Rahm-Salat kommt ohne Zucker aus. Ein eigenes Kapitel bilden auch die Saucen: Schnittlauchsauce, Apfelkren und Semmelkren als ideale Begleiter des gekochten Tafelspitzes, Mayonnaise und Sauce Tartar als Kompagnons von gebackenem Emmentaler und bebackenen Champignons. Und dann der krönende Abschluss: beginnend mit Kaiserschmarren offenbaren sich die süßen Seiten der Wiener Küche durch Milchrahm- und Apfelstrudel, Schlosserbuben, Marillenpalatschinken, lauwarmen Schokoladekuchen und Salzburger Nockerl (wohl ein Ausreißer).

Extra angeführt werden auch die Rezepte der Beilagen wobei hier Begleiter von süßen Speisen wie Zwetschkenröster und Schokoladensauce genauso zu finden sind wie Rosmarin-Braterdäpfel, das berühmte Gabelkraut, Croutons, Rösterdäpfel, Erdäpfelpüree, Paradeissauce, die unsäglichen Pommes Frites, Semmelknödel und Nockerln.

Die einzelnen Rezepte sind in Schrittfolge-Fotos aufgelöst und nur sparsam betextet. Zu Beginn der einzelnen Rezept-Comics werden die gesamten Zutaten vorgestellt, dann wird die Verarbeitung gezeigt, am Ende das fertige Gericht präsentiert. Am Anfang ist dies gewöhnungsbedürftig, aber bei längerer Auseinandersetzung mit dem Buch fängt die witzige Idee mit dem von Rezept zu Rezept wechselndem einfärbigen Hintergrund an zu gefallen. Ein küchentechnisches Glossar am Ende des Buches erklärt verwendete Begriffe aus dem Küchenlatein. Dies und die witzige Auflösung der Rezepte in Bildern machen das Buch auch für küchenferne Zeitgenossen interessant. Der spielerische Zugang eröffnet auch ihnen die Welt der Küche.

RezFiglmueller (111k)

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FIGLMÜLLER Hans u. FIGLMÜLLER Thomas: Figlmüller – Wiener Küche. Kochen nach Bildern. Echomedia Buchverlag, Wien 2012