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Der kulinarische Journalismus und Food Blogs

Denise THIERY.   

Food Blogs boomen in der Online-Welt und dennoch haben sie (fast) keine Auswirkung auf den traditionellen kulinarischen Journalismus in Massenmedien.

Kulinarischer Journalismus

Seit den 1950er Jahren gewinnt der kulinarische Journalismus an Bedeutung. Zum einen wurde nicht nur durch die aufkommenden Kochsendungen eine Grundlage geschaffen, sondern auch durch die Printmedien, die sich dem Thema Essen und Trinken immer mehr widmeten. Kulinarischer Journalismus fand zu Beginn vor allem in Frauenzeitschriften statt, wo versucht wurde der Hausfrau mit Tipps und Rezepten das Leben zu erleichtern. Später entwickelte sich dahingehend eigene Kochzeitschriften, darunter die bis dato größte Kochzeitschrift Österreichs „Gusto".

Für den kulinarischen Journalismus existiert keine allgemein gültige Definition. Man kann sich dem Begriff aber annähern. Es sei angemerkt, dass in der deutschen Sprache auch Synonyme wie Gourmetjournalismus, Gastrojournalismus und Foodjournalismus verwendet werden.

Jacob beschreibt den kulinarischen Journalismus als etwas, das zumindest die Sinne stimuliert und hungrig macht: Eine Leidenschaft für das Essen und Trinken.

„Food writing describes taste, textures, flavors, and smells, and gives a food experience a larger context by writing about a more common experience, drawing on something universal that speaks to everyone". Food writing is often all about the senses: touch, smell, sound, appearance, and taste."(1)

Der Begriff Foodjournalismus wird nach Dernbach definiert als die „Berichterstattung" über Vieles, was mit Essen und Getränken, mit Ernährung und Kochen zu tun hat.(2)

Für den kulinarischen Journalismus sind die Funktionen Unterhaltung und Information entscheidend. Diese Art des Journalismus zählt im weitesten Sinne zum Fachjournalismus, da es sich um ein begrenztes Themenfeld handelt und die journalistischen Beiträge in diesem Bereich sachlich akzentuiert sind. Mit den Darstellungsformen Nachricht, Reportage, Kommentar und Interview weist der kulinarische Journalismus eine Vielfalt auf. Ein weiterer elementarer Teil im kulinarischen Journalismus ist die Food Fotografie. Artikel werden durch Essensfotos optisch veredelt und können durchaus über den Erfolg einer Publikation entscheiden. Kulinarische Journalisten benötigen fundiertes Fachwissen und gastrosophisches Wissen bietet dazu die Grundlage jeder Veröffentlichung.

Kulinarischer Journalismus findet vor allem in dem Massenmedium Publikumszeitschrift statt und ist Teil von Special-Interest Zeitschriften. Der österreichische Zeitschriftenmarkt im Bereich Essen und Trinken ist ein überschaubarer Markt, es gibt insgesamt zwölf Zeitschriften. Dennoch zeichnet sich der Markt durch eine große Themenvielfalt aus.

 

Food Blogs

Mit dem Internet wurden neue Möglichkeiten geschaffen, es entstand das Social Web und damit die Weblogs. Im Zuge dieser Entwicklung bildeten sich Blogs, die sich auf bestimmte Themen spezialisierten, darunter auch die sogenannten Food Blogs.

Die ersten Food Blogs kamen 1997 in Amerika auf, doch der Boom setzte erst im Jahr 2003 und 2004 ein. Food Blogs begannen als Web Journals und haben sich bis heute zu einer Plattform für „food writers", welche gleichzeitig Laien und Journalisten darstellen, entwickelt.

Diese Art der Blogs widmet sich kulinarischen Themen wie Essen und Trinken und hat einen hohen Anteil an Rezepten und beschriebener Erfahrungen. Gute Food Blogs zeichnen sich durch eine starke persönliche Message aus und können sich durch andere Blogger eine eigene Community aufbauen. Food Blogs werden von Laien als auch von Journalisten betrieben.

Auch in Österreich hat sich der Trend des Food Bloggings etabliert. Es herrscht vor allem eine große Vielfalt dieser Art von Blogs. dies sieht man vor allem an der steigenden Anzahl der Food Blogs.

 

Empirische Untersuchung

Um der Frage nun nachzugehen, ob Food Blogs eine Auswirkung auf den kulinarischen Journalismus in Massenmedien haben, wurden Experteninterviews durchgeführt und mit der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet.

Zu den namhaften Experten zählen Wolfgang Schlüter (Chefredakteur „Gusto"), Irmtraud Weishaupt-Orthofer (Chefredakteurin „Kochen und Küche"), Gerd Wolfgang Sievers (Kochbuchautor), Susanne Zimmel (Bloggerin), Christian Grünwald (Chefredakteur „A la Carte"), Aimee Klein (Producerin „ORF Frisch gekocht") und Marlene Auer (Chefredakteurin-Stellvertreterin und Chefin vom Dienst „Falstaff"). Sie alle verfügen über hohes Praxiswissen und haben jahrelange Erfahrung in diesem Bereich. Zudem sind sie mit dem kulinarischen Journalismus vertraut und können aufgrund ihres Berufes die ihnen empirisch gestellten Fragen beantworten.

Durch die durchgeführten Interviews konnte eine Definition des kulinarischen Journalismus ermittelt werden. Demnach befasst sich mit Themen rund um das Essen, Trinken, Kochen, Genießen, Lebensmittel, Entwicklungen und Trends. Diese Themen sind regional, international, saisonal oder auf Personen bezogen. Kulinarischer Journalismus wird dargestellt mit Rezepten, Erzählungen, Reportagen,  Fotos, Kolumnen und Texten. Kulinarische Journalisten recherchieren vor Ort, führen fachlich geführte Interviews und bewerten mit kochtechnischem und gastrosophischem Wissen Produkte, Weine und Restaurants. Sie informieren, klären auf und bereiten komplexe Thematiken verständlich auf. Medien für kulinarischen Journalismus sind Bücher, Zeitschriften und TV-Sendungen.

Grundsätzlich haben Blogs auf Journalisten und Medienunternehmen einen Einfluss. Weblogs werden als Recherchetool verwendet und Verlage reagieren mit einem eigenen Onlineauftritt oder installieren Blogs im bestehenden Webangebot. Umgelegt auf Food Blogs und den kulinarischen Journalismus in Massenmedien, trifft dies aber nicht zu. Die Mehrheit der Experten ist sich nämlich einig, dass Food Blogs keine Auswirkung auf österreichische Kochzeitschriften haben. Die Chefredakteure stellen fest, dass Food Blogs nicht der Leser-Zielgruppe entsprechen, da Blogger wesentlich jünger sind als die Konsumenten der Kochzeitschriften. Dennoch ist ersichtlich, dass die Meinungen variieren. Die Experten der auflagestärksten Zeitschriften „Gusto" und „Falstaff" sprechen sich für eine Beeinflussung aus. Sie beobachten Blogs und sind der Ansicht, dass sich Food Blogs und Kochzeitschriften sogar ergänzen können.

Betrachtet man nun die kulinarischen Journalisten, wird ersichtlich, dass sie sich nicht von Food Blogs beeinflussen lassen. Die Journalisten verharren noch in der derzeitigen Recherche und schöpfen die Möglichkeit von online Angeboten noch nicht aus. Das Gegenteil zeigen hier wieder die Experten von „Gusto" und „Falstaff": Food Blogs werden für das eigene Medium in Reportagen, Berichten und Porträts verwendet. Dem kommt hinzu, dass Trends und Lesermeinungen durch Blogs eingeholt werden.

Da die Mehrheit der Experten keine Auswirkungen von Food Blogs auf den kulinarischen Journalismus in Massenmedien sehen, ist auch klar, dass die Printverlage diese Blogs nicht als Konkurrenz wahrnehmen. Es findet daher kein Wettbewerb statt.

Die Wettbewerbssicht liefert eine Bloggerin. Ihrer Meinung nach, lassen sich Blogger auch durch Zeitschriften beeinflussen, da sie sich darin informieren. Sie merkt aber auch an, dass klare Grenzen zwischen Food Bloggern und kulinarischen Journalisten gezogen werden.

 

Fazit

Die empirische Untersuchung hat gezeigt, dass die meisten Redaktionen der Printverlage dem Trend Food Blogging eher kritisch gegenüber stehen. Sei es weil, Food Blogs eine andere Zielgruppe ansprechen als die Kochzeitschriften-Verlage oder auch die Journalisten die Food Blogger nicht als Redakteure wahrnehmen. Durch die Studie wird daher ersichtlich, dass Print und Online in diesem Bereich noch klar voneinander getrennt scheint. Dennoch sind vereinzelt Journalisten der Ansicht, dass eine Beeinflussung stattfindet. Der Trend des Food Bloggings hat sich vor allem in den letzten Jahren in Österreich etabliert und findet auch heute noch zahlreiche Blogger, die sich ebenfalls mit dem Thema Essen und Trinken auseinandersetzten. Trotzdem scheint es, als würden die Journalisten, die Food Blogs noch nicht in dem Ausmaß wahrnehmen, so wie es derzeit in anderen Genres der Fall ist.

 

 

Literatur

Jacob, D.: Will write for Food. The complete Guide to Writing Cookbooks, Blogs, Reviews, Memoir, and more. (2. Aufl.). Philadelphia 2010

Dernbach, B.: Die Vielfalt des Fachjournalismus. Eine systematische Einführung. Wiesbaden 2010

Thiery (38k)

Quellen, Anmerkungen

  1. Jacobs, Will write for food, 8.  
  2. Vgl. Dernbach, Fachjournalismus, 10.  
Foto: Kunstart.net / pixelio.de